Behörden Spiegel-Artikel zum Thema Start-Up Kultur in der Verwaltung
Professor Mergel veröffentlicht Editorial in der März-Ausgabe des Behörden Spiegel zum Thema Start-up Kultur in der Verwaltung: IT-Inkubator zur digitalen Transformation des Öffentlichen Dienstes.
In der März 2017-Ausgabe des Behörden Spiegel veröffentlicht Professor Mergel mit dem Thema: Start-up Kultur in der Verwaltung: IT-Inkubator zur digitalen Transformation des Öffentlichen Dienstes.
IT-Inkubatoren zur digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung
IT-Inkubatoren oder digitale Start-up Teams sind sogenannte Digitale Service Teams, die sich in der öffentlichen Verwaltung mit Themen der digitalen Transformation auseinandersetzen.
International sind besonders die Teams in den USA, Großbritannien, Australien, Niederlande, Dänemark oder auch Italien bekannt. In den USA wurden unter Präsident Obama gleich zwei Teams gegründet: (1) U.S. Digital Service: ein ‚Feuerwehr’-Team, dass sich vor allem mit der Wiederherstellung des gescheiterten Onlinemarktplatzes zum Verkauf von Krankenversicherungen beschäftigt hat und danach als Stabstelle dem Weißen Haus zugeordnet wurde. (2) 18F (zu finden an der Straßenecke der 18th und F Street in Washington, DC) ein sogenannter ‚services company and product incubator’, der sich auf die Einführung von agiler Softwareentwicklung fokussiert und als interner IT-Dienstleister die Behörden auf neue IT-Akquisitionsformen vorbereitet.
USDS und 18F sind nach dem Vorbild des britischen Government Digital Service (GDS) modelliert, der ursprünglich dafür gegründet wurde, um die überaltert Gov.UK-Webseite zu überholen. Im Laufe dieser Tätigkeit hat sich dann herausgestellt, dass es wichtig ist interne Prozesse zu überdenken anstatt nur das äußere Erscheinungsbild upzudaten. Das Ziel ist es Onlineprodukte der öffentlichen Verwaltung anzubieten, die in ihrer Qualität und Umgang mit Produkten externer Provider im privaten Sektor mithalten können. Ein ähnliches Team ist in Australien mit der Digital Transformation Agency (DTA) gegründet worden um Online-Dienstleistungen klarer, einfacher, und schneller anbieten zu können. Auch hier ist der Fokus darauf was Bürger benötigen, wie deren Onlineverhalten ist, und wie sich die öffentliche Verwaltung diesen Herausforderungen stellen kann. Italiens Premierminister hat ebenfalls einen IT-Inkubator auf den Weg gebracht und für deren Leitung einen italienischen Landsmann der derzeit einer der Vizepräsidenten von Amazon ist, eingestellt. Um das italienische Team Digitale aufzubauen pendelt Diego Piacentini zwischen Seattle und Rom und befindet sich in der Rekrutierungsphase einer Vielzahl von IT-Experten.
Was ist all diesen Teams gemeinsam: Sie sind explizit in Form von IT-Inkubatoren in der Bürokratie aufgestellt. Oftmals sind diese Teams außerhalb der traditionellen CIO-Organisation angesiedelt, so dass sie sich inhaltlich nicht mit der Wartung und Instandhaltung der bestehenden IT-Infrastruktur beschäftigen. Sie sind mit Vollmachten und Budgets ausgestattet, die es ihnen erlaubt IT-Ingenieure aus dem privaten Sektor zu rekrutieren und dadurch Kompetenzen und Erfahrungen in den öffentlichen Sektor einzuführen, die bisher vor allem auf externe IT-Dienstleister beschränkt waren.
Diese Teams arbeiten teilweise mit innovativen HR-Methoden, sowohl im Bereich der Rekrutierung als auch in den flexiblen Anstellungsoptionen, die es für IT-Ingenieure und Softwareentwickler leichtmacht, kurzfristig einzusteigen mit der Option wieder in ihre bisherigen Jobs zurückzukehren. Beispielsweise nutzt die US-Regierung eine flexible HR Policy, die Ingenieure aus Silicon Valley von Firmen wie Google oder Twitter für sogenannten „Tour of Duty“-Anstellungen nach Washington bringt, die zwischen zwei Monaten und zwei Jahren begrenzt sind. Die Motivation der Ingenieure ist offensichtlich nicht das weitaus geringere Gehalt im öffentlichen Dienst, sondern eine prosoziale Motivation ihrem Land kurzfristig mit ihren Fähigkeiten aushelfen zu können und dadurch eine breite Wirkung auf die Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten zu Onlinediensten der öffentlichen Verwaltung für die gesamte Bevölkerung zu haben.
Die Start-up-Kultur mit breiter Mitbestimmung, flexiblen Arbeitszeiten, einer Just do it-Mentalität und kurzen Entwicklungszyklen steht im Konflikt mit der Top-down-Hierarchie der öffentlichen Verwaltung. Die Herausforderung in diesen IT Start-ups in der Verwaltung bleibt die Schwierigkeit neue Technologien und Arbeitsweisen in die Bürokratie zu absorbieren und den Bedürfnissen der öffentlichen Verwaltung anzupassen. Jedoch haben die bisherigen Erfahrungen sehr innovative digitale Transformationen hervorgebracht, dazu gehört beispielsweise die Blue Button-Initiative des Department of Veterans Affairs, mit deren Hilfe sich Kriegsveterane in allen Bundesländern ihre Gesundheitsakten herunterladen können oder die Vereinfachung des Immigrationsprozesses von 18 Webseiten auf eine Seite. Alle Teams müssen sich noch etablieren und über die Zeit wird sich zeigen, ob die Bürokratie digitale Innovationen mit Hilfe von IT-Inkubatoren oder Digitalen Agenturen aufnehmen kann.
Professor Dr. Ines Mergel ist Professorin für Public Administration an der Universität Konstanz wo sie zu Themen der Digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung forscht und lehrt. Professor Mergels Forschung zu Digitalen Service Teams wird pünktlich zur Konferenz Digitaler Staat in einem Report von IBM - Center for the Business of Government veröffentlicht. Kontakt: ines.mergel@uni-konstanz.de