Prof. Dr. Gerhard Lehmbruch
Prof. Dr. Gerhard Lehmbruch war von 1978 bis 1996 Inhaber des Lehrstuhls für Materielle Staatstheorie am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz.
Die Universität Konstanz und der Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft trauern um Herrn Prof. Dr. Gerhard Lehmbruch
15. April 1928 – 12. Juni 2022
Herr Prof. Dr. Gerhard Lehmbruch war von 1978 bis 1996 Inhaber des Lehrstuhls für Materielle Staatstheorie am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz. In dieser Zeit hat er den Fachbereich nachhaltig geprägt und durch seine Beiträge in Forschung, Lehre und akademischer Selbstverwaltung immens bereichert. Herrn Lehmbruch wurden aufgrund seiner breit rezipierten Publikationen zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen zuteil. 2003 wurde ihm von der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft der Theodor-Eschenburg-Preis für sein Lebenswerk verliehen. 2009 erhielt er den Lifetime Achievement Award des European Consortium for Political Research. Von 1991 bis 1994 war er Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft. Die Universität Konstanz und der Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft werden Herrn Lehmbruch ein dankbares Andenken bewahren.
Prof. Dr. Katharina Holzinger Prof. Dr. Florian Kunze
Rektorin der Universität Konstanz Fachbereichssprecher
Lebenslauf
Gerhard Lehmbruch wuchs in Ost- und später in Westpreußen auf. Nach kurzzeitigem Militärdienst 1945 holte Lehmbruch 1947 das Abitur nach und begann in Berlin ein Studium der evangelischen Theologie und Philosophie. Nach Wechseln an die Universitäten Göttingen und Tübingen schloss er das Studium 1952 in Berlin mit der ersten kirchlichen Dienstprüfung ab. Anschließend ging er als Postgraduierter für ein Jahr an die Universität Basel.
Von 1953 bis 1954 war Lehmbruch wissenschaftliche Hilfskraft am politikwissenschaftlichen Lehrstuhl von Professor Theodor Eschenburg an der Universität Tübingen. Anschließend studierte er von 1954 bis 1959 Politikwissenschaft, osteuropäische Geschichte und Soziologie in Paris und Tübingen. Im Jahr 1962 wurde er ebenda mit einer Arbeit über das französische Parteiensystem promoviert. Im Zeitraum von 1960 bis 1967 war er wissenschaftlicher Assistent an der Universität Tübingen. Dort wurde er 1969 im Fach Politikwissenschaft kumulativ habilitiert, unter anderem unter Berücksichtigung der Schrift Proporzdemokratie von 1967. Von 1969 bis 1973 hatte er die Stelle eines Wissenschaftlichen Rates und Professors an der Universität Heidelberg inne. Danach nahm er Rufe auf politikwissenschaftliche Lehrstühle an den Universitäten Tübingen (1973–1978) und Konstanz (1978–1996) an. Von 1991 bis 1994 war er Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft. Seit dem Sommersemester 1996 ist Lehmbruch emeritiert. Zu Lehmbruchs akademischen Schülern zählen Manfred G. Schmidt und Edgar Grande.
Lehmbruchs Forschungsschwerpunkte sind die Institutionen, politische Regelsysteme und Politikentwicklung im Vergleich, die Formen der Verhandlungsdemokratie und die politische Interessenvermittlung, das heißt die Beziehungen zwischen staatlichen Stellen und Interessenverbänden. 1976 veröffentlichte er das Standardwerk Parteienwettbewerb im Bundesstaat über das Zusammenwirken von föderalen Institutionen und dem Parteienwettbewerb in der Bundesrepublik Deutschland. In diesem Buch erläuterte Lehmbruch erstmals die sogenannte Strukturbruchthese.
Für seine Forschungen wurden Lehmbruch zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen und Mitgliedschaften zugesprochen. Lehmbruch ist Ehrenmitglied der Schweizerischen Vereinigung für Politische Wissenschaft (2002) und der Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft (2003). Ihm wurde 2003 der Theodor-Eschenburg-Preis für sein Lebenswerk der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft verliehen. 2009 erhielt er den Lifetime Achievement Award des European Consortium for Political Research.