Making Cities Smarter: Faktoren für eine erfolgreiche Transformation

Ein Artikel von Professor Dr. Ali Guenduez und Professor Dr. Ines Mergel

Kurzzusammenfassung

Dieses Projekt wurde aus Mitteln des EU-Interreg-Projektes Nr.: ABH 088 gefördert.

Smarter zu werden bedeutet für Städte sich auf Transformationskapazitäten ihrer Entwicklung hin zu besseren Orten im Sinne von Leben, Arbeiten, Studieren und Spaß haben, zu konzentrieren (Lara, Moreira Da Costa, Furlani, & Yigitcanlar, 2016). Die Analyse von vierzig halbstrukturierten Interviews mit Smart City Manager*innen (SCM) untersucht dynamic managerial capabilities (dynamische Managementfähigkeiten) und organizational readiness (Bereitschaft der Organisation) von Städten als Treiber für die Transformation zu Smart Cities. Voraussetzungen für Smart-City Transformationen sind hierbei ausreichend Ressourcen und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen und Veränderungen. Bei gegebenen Konditionen werden SCM mit den Fähigkeiten, Stakeholder zu integrieren und zu befähigen, neue Trends zu erkennen und die Arbeitsabläufe der öffentlichen Verwaltung neu zu gestalten, Smart-City-Transformation bewältigen.

Kontext

Städte sind ehrgeizig darin neue Standards in den Bereichen Governance, Sicherheit, Gesundheit und Mobilität für ihre Einwohner*innen zu ermöglichen. Weltweit werden daher Smart-City Projekte gestartet, um städtische Entwicklung in diesen Bereichen gezielt zu fördern. Auf Basis neuer und innovativer Technologien wird bspw. versucht verbesserte Dienstleistungsmodelle für Unternehmen und Bürger*innen zu entwickeln, oder versucht die Sicherheit und Lebensqualität innerhalb der Städte zu verbessern. Dabei konzentriert sich ein Großteil der Forschung bisher auf technologische Aspekte und politische Innovationen von Smart Cities. In der Praxis ist dennoch ein häufiges Scheitern von Innovationsprojekten im öffentlichen Sektor zu beobachten. Meistens sind es organisatorische Barrieren und fehlende Managementfähigkeiten, die Transformationsprojekte bremsen (siehe Gil-Garcia & Pardo, 2005). Zur Überwindung dieser Hindernisse, benötigen Verwaltungen und Städte genaue Informationen, welche Ressourcen und Fähigkeiten notwendig sind, um Transformationsprozesse erfolgreich zu meistern. Dabei ist die Sichtweise der SCM besonders aufschlussreich. Aufgrund deren gesammelter Erfahrung und ihrer aktiven Gestaltung innerhalb der Städte, wissen SCM, welche Barrieren Verwaltungen überwinden müssen und welche Managementfähigkeiten künftige SCM benötigen, um Städte intelligenter zu machen.

Die Begriffe Bereitschaft der Organisation und dynamische Managementfähigkeiten wurden aus der vorhandenen Literatur als notwendige Bestandteile einer Smart-City-Strategie abgeleitet. Die Bereitschaft der Organisation bezieht sich auf die notwendige Reife, welche Städte benötigen, um Transformation voranzutreiben. Städte mit einem höheren Maß an organisatorischer Bereitschaft haben eine geringere Aversion gegenüber tiefgreifenden Anpassungen und sind entsprechend eher befähigt, Innovationen umzusetzen (Armenakis, Harris & Mossholder, 1993). Smart-City-Transformationen hängen also davon ab, inwieweit Städte über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, um Veränderungen und Innovationen zu fördern und zu erleichtern.
Dynamische Managementfähigkeiten hingegen beziehen sich auf Fähigkeiten von Individuen. Die Fähigkeiten von Managern, Chancen zu erkennen, externe Veränderungen zu antizipieren oder festgefahrene Organisationsstrukturen aufzubrechen, sind entscheidend, um die Effektivität von Organisationen kontinuierlich zu fördern (Teece, 2016). Welche Kompetenzen SCM benötigen und welche organisatorischen Voraussetzungen für die Smart-City-Transformation vorhanden sein müssen, ist Thema dieses Artikels.

Methode

Im Rahmen mehrerer qualitativer Fallstudien wurden Experteninterviews mit vierzig SCM durchgeführt. Die ausgewählten Interviewpartner sind (leitende) Verwaltungsmitarbeitende, zuständig für den Transformationsprozess ihrer Städte und größtenteils innerhalb des Smart City Index (2019) gelistet.  Um die Angaben der SCM zu verifizieren, wurden verschiedene unterstützende Dokumente (z. B. Archivmaterialien, Richtlinien, Strategien, Präsentationen u. a.) analysiert. Die geführten Interviews wurden transkribiert und in einem zweistufigen Analyseverfahren ausgewertet (Saldaña, 2013).

Ergebnisse

Die Erhebung ermöglichte die Identifizierung von fünf zentralen Managementfähigkeiten für SCM und deckte drei organisatorische Faktoren als notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Transformation auf. Im Folgenden werden die Erkenntnisse für erfolgreiche Smart-City-Initiativen hervorgehoben.

Dynamische Managementfähigkeiten

Um die Smart-City-Transformation zu gewährleisten, sollten Manager*innen mit den folgenden Fähigkeiten ausgestattet sein: (1) unterschiedliche Akteure miteinbeziehen, (2) Innovationsmanagementkompetenzen sowie (3) das Erkennen neuer Trends und die Nutzung neuer Möglichkeiten.

Horizontale und vertikale Einbeziehung verschiedener Akteure

Die Nutzung von integrativen Fähigkeiten ist eine der Schlüsselkompetenzen von SCM. Im Smart-City-Kontext geschieht Innovation zumeist durch Zusammenarbeit. Smart-City-Ökosysteme beruhen auf nachhaltigen Partnerschaften zwischen verschiedenen Akteuren. Um alle Akteure zu vereinen, ist die Koordination und Integration von Aktivitäten und oder Technologien innerhalb und außerhalb der Organisation grundlegend für eine erfolgreiche Smart- City-Transformation. Um Kooperation zu stärken, sollten SCM beispielsweise ein gemeinsames Ziel festlegen und dieses kollektiv verfolgen.

Neugestaltung der Arbeitsabläufe in der öffentlichen Verwaltung

SCM brauchen Fähigkeiten im Innovationsmanagement. Nicht nur um neue digitale Prozesse und Servicemodelle zu kreieren und zu gestalten, sondern auch um Innovation und Kreativität innerhalb der Stadt voranzutreiben. Um dies zu realisieren, sollten SCM bestehende Verfahren, Regeln und Überzeugungen hinterfragen.

Darüber hinaus müssen SCM Arbeitsweisen ihrer Städte neu überdenken. Die Implementierung von einheitlichen Ansprechpartner*innen, 24/7-Services oder die Einführung eines aus der Nutzerperspektive einheitlichem Prozessdesigns können erste Ansätze sein. Darüber hinaus sollte die Vereinfachung und Automatisierung von Prozessen, die Beseitigung von Silos und die Sicherstellung des Datenflusses zwischen Abteilungen und Behörden eine Transformation der Arbeitsabläufe in der öffentlichen Verwaltung anregen.

Neue Trends erkennen, Chancen ergreifen und Stakeholder befähigen

SCM müssen in der Lage sein, aufkommende Themen, neue Trends, Best-Practices und neue Verfahren zu erkennen. Notwendiges Fachwissen wird hier durch den Austausch mit anderen SCM bei Konferenzen, Workshops oder informellen Gesprächen erworben. Die Befragten betonen zudem die Notwendigkeit von unternehmerischem Denken, um fortlaufend Chancen zu ergreifen. Das Ausnutzen neuer Möglichkeiten moderner Technologien, kann zu einer erfolgreichen Transformation führen. Beispielseise mit Hilfe des Internet der Dinge (IoT). IoT kann genutzt werden, um Daten zu sammeln und zu analysieren, um die Infrastruktur der Städte, der öffentlichen Versorgungseinrichtungen oder Dienstleistungen per se zu verbessern. Schließlich sind SCMs verpflichtet, verschiedene Akteure zu befähigen, die am städtischen Transformationsprozess beteiligt oder davon betroffen sind. Relevante Akteure sind z. B. Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und Bürger*innen.

Bereitschaft der Organisation

Zur Bereitschaft der Organisation gehören drei Faktoren, die für die Smart-City-Transformation erforderlich sind: (1) Partizipative Governance und kollaborative Netzwerke, (2) Ressourcen und strategische Bereitschaft sowie (3) Offenheit für Ideen.

Aufbau von partizipativer Governance und kollaborativen Netzwerken

Partizipative Governance und kollaborative Netzwerke sind notwendig, um innovative Lösungen zu entwickeln. Die Bereitschaft zu Handeln zeigt sich vor allem in städtischen Bemühungen, die interne Kommunikation, Koordination und Zusammenarbeit zu vereinfachen, sowie mit vorhandenen Kapazitäten, Kooperationen und Partnerschaften mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft und Universitäten aufzubauen.

Prüfung der Verfügbarkeit von kritischen Ressourcen

Um Smart-City-Initiativen erfolgreich umzusetzen, benötigt die Verwaltung entsprechende finanzielle, personelle und technologische Ressourcen. Personelle Ressourcen gehen über die Rekrutierung von SCM mit entsprechenden Fähigkeiten hinaus. Qualifizierte Mitarbeiter*innen, beispielsweise mit Fähigkeiten im Projektmanagement, mit Soft Skills, digitalen Kompetenzen und Offenheit für kontinuierliches Lernen treiben Smart-City-Transformation voran.

Darüber hinaus bestimmt die strategische politische Unterstützung die organisatorische Bereitschaft der Städte. Eine klare gemeinsame Smart-City-Vision, die mit der politischen Agenda abgestimmt ist, macht es den SCM leichter, Ziele der Organisation zu vermitteln und den Widerstand innerhalb der Städte zu verringern.

Offenheit für neue Ideen fördern

Entscheidend für eine erfolgreiche Transformation ist zudem die generelle Einstellung der Stadt gegenüber Wandel. Die Stadtverwaltung muss offen für neue Ideen sein und die Akzeptanz von Veränderungen fördern. Dies erfordert von der Stadt Flexibilität auf kultureller (z. B. Entwicklung hin zu datengesteuerter Innovation), operativer (z. B. Lernen aus Fehlern) und struktureller Ebene (z. B. Schaffung von Innovationsteams und Wandel hin zu einer agilen Institution).

Theoretische und praktische Implikationen

1. Die bloße Übernahme neuer Technologien allein reicht nicht aus

Wenn Städte in neue Technologien investieren, müssen sie auch in den Aufbau der notwendigen organisatorischen Kapazitäten und Managementfähigkeiten investieren, um die Transformation zu einer Smart City erfolgreich zu gestalten. Diese beiden Anforderungen helfen den politischen Entscheidungsträgern, die Grundlage für eine erfolgreiche Smart-City-Transformation zu schaffen

2. Rekrutierung von SCM mit erforderlichen Führungskapazitäten

Die beschriebenen Fähigkeiten könnten genutzt werden, um fähige SCM zu rekrutieren. Sie bieten klare Einblicke in die dynamischen Fähigkeiten, die Manager*innen benötigen, um die Smart-City-Transformation zu leiten. Darüber hinaus sollte die organisatorische Bereitschaft der Stadtverwaltung als integraler Bestandteil der zukünftigen strategischen Ausrichtung von Städten einbezogen werden.

Wichtige Punkte

Die Studie veranschaulicht die Bedeutung der individuellen Rolle von SCM und konzentriert sich auf die Mikroebene der Smart-City-Transformation. Um Städte attraktiv zu halten, müssen SCM über alltägliche Routinen und Best-Practices hinausgehen. Um den Wandel hin zu einer Smart City zu ermöglichen, benötigen SCM Fähigkeiten wie das Erkennen neuer Ideen, das Ergreifen von Möglichkeiten, die Umgestaltung von Arbeitsabläufen, die Integration und die Befähigung von öffentlichen Bediensteten und Bürger*innen. Der erreichbare Wandel hängt zudem in hohem Maße von der organisatorischen Bereitschaft der Stadt, ihren allgemeinen Ressourcen und ihrer Einstellung ab, den Wandel voranzutreiben.

Zitierte Publikationen

Armenakis, A. A., Harris, S. G., & Mossholder, K. W. (1993). Creating Readiness for Organizational Change. Human Relations, 46(6), 681-703. doi:10.1177/001872679304600601

DiMaggio, P. J. (1988). Interest and Agency in Institutional Theory. In L. G. Zucker (Ed.), Institutional Patterns and Organizations: Culture and Environment (S. 3-22). Cambridge, MA: Ballinger.

Buck, N. T., & While, A. (2017). Competitive Urbanism and the Limits to Smart City Innovation: The UK Future Cities initiative. Urban Studies, 54(2), 501-519. doi:10.1177/0042098015597162

Gil-Garcia, J. R., & Pardo, T. A. (2005). E-Government-Erfolgsfaktoren: Mapping practical tools to theoretical foundations. Government Information Quarterly, 22(2), 187-216. doi:10.1016/j.giq.2005.02.001

Lara, A. P., Moreira Da Costa, E., Furlani, T. Z., & Yigitcanlar, T. (2016). Smartness that matters: towards a comprehensive and human-centred characterisation of smart cities. J. open innov, 2(8). doi:10.1186/s40852-016-0034-z

Saldaña, J. (2013). The Coding Manual for Qualitative Researchers (2 ed.). Thousand Oaks, CA: Sage.

Teece, D. J. (2016). Dynamische Fähigkeiten und unternehmerisches Management in großen Organisationen: Toward a theory of the (entrepreneurial) firm. European Economic Review, 86, 202-216. doi:10.1016/j.euroecorev.2015.11.006

 

Prof. Dr. Ali A. Guenduez

Prof. Dr. Ali A. Guenduez ist der Vice-Director IMP-HSG, Assistant Professor of Digital Government und Leiter des Smart Government Lab

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Prof. Dr. Ines Mergel

Professor Dr. Ines Mergel ist ordentliche Professorin für Öffentliche Verwaltung im Fachbereich Politik und Öffentliche Verwaltung an der Universität Konstanz, Deutschland.

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