Digitale Mietpreisauskunft in 3 Minuten

Veronika Akrackova und Linda Metzger

Kurzzusammenfassung

In diesem Artikel wird beschrieben, wie der Prozess der Mietpreisauskunft in der Stadt Freiburg vereinfacht, zugänglich und weniger kompliziert dargestellt werden kann. Dafür wurden zunächst Interviews mit zufällig ausgewählten Besuchern des Rathauses in Freiburg durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Umfrage bildeten die Grundlage eines Prototypen, welcher als eine Orientierungshilfe bei der internen Erneuerung des Prozesses der Mietpreisauskunft in der Stadt Freiburg dienen soll. Mit ‚Prototyp’ ist hier eine verbesserte Version des bisherigen Ablaufs, die bereits alle Verbesserungsvorschläge enthält, gemeint. Das Ziel des Prototypen war es, das alte Konzept mit einem überarbeiteten Layout und mit einem einfacheren Ablauf des Bestellvorganges zu versehen. Zusätzlich wurden Hilfestellungen für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und die Bürger eingebaut. Der Prototyp ist an einem Warenkorbmodell angelehnt, da die meisten Leute mit diesem System vertraut sind und dieses intuitiv zu bedienen wissen.

Methodik

Zu Beginn des Projektes war es das Ziel zu verstehen, wie der Prozess Mietpreisauskunft in der Stadt Freiburg bisher aufgebaut war. Erstens wurde in dieser Bestandsaufnahme dokumentiert, wie der Bestellvorgang dem Nutzer präsentiert wurde und zweitens wurde der interne Ablauf in der Verwaltung abgefragt. Besonders wichtig war es zu verstehen, wo sich die Schnittstellen zwischen Verwaltung und Nutzer befanden.

Experteninterviews und Recherche

Ein Interview mit den Prozessverantwortlichen der Stadt Freiburg in der ersten Phase ermöglichte, den bisherigen Ablauf zu verstehen und erste Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen. Während des Interviews fragten wir bei Punkten nach, die uns bei einer vorherigen Eigenrecherche (bei der wir selbständig versuchten Auskunft über den Mietpreis zu erhalten) unklar erschienen waren. Uns war es in dieser Phase besonders wichtig zu verstehen, zu welchem Grad der bestehende Prozess überhaupt verändert werden konnte, um auch den rechtlichen und gestalterischen Spielraum bei der Entwicklung des Prototyps zu identifizieren.

Nutzerinterviews

Als nächstes wurden Besucher des Rathauses in Freiburg angesprochen und gefragt, ob sie bei einem kurzen Interview zum Thema Mietspiegel teilnehmen möchten. Während dieser Nutzerinterviews, bei dem sich die Bürger an einem Laptop durch den Bestellvorgang klickten, wurden sie gebeten, „laut“ zu denken. Dies war eine Technik, die uns weitergeholfen hat zu verstehen, an welchen Stellen es für die Interviewten Schwierigkeiten gab. Viele Nutzer sagten im Interview, dass sie den Versuch der Mietpreisauskunft entweder bereits bei der Google-Suche, oder spätestens auf der unübersichtlichen Seite der Stadt Freiburg aufgegeben hätten.

Am Ende wurden alle genannten Schwierigkeiten zusammengefasst und in einer „User-Journey“ dargestellt (Graphik 1). Diese wurde mit einer Zufriedenheitskurve versehen, damit in den jeweiligen Schritten des Bestellprozesses die größten Schwierigkeiten ausfindig gemacht werden konnten.

Graphik 1

Ergebnisse der Arbeit

Schon in der ersten Phase hatten sich verschieden Probleme im Prozess herauskristallisiert. Das erste zu verzeichnende Problem war, dass die Website der Stadt Freiburg in den gängigen Suchmaschinen nicht als erstes Ergebnis angezeigt wurde. Des Weiteren war auf der Website viel Text, den man durchscrollen musste. Dies wurde später bei den Nutzerinterviews sehr negativ bewertet. Darüber hinaus stießen wir auf missverständliche Formulierungen. Wir fanden bei dem Interview mit den Prozessverantwortlichen ebenfalls heraus, dass die Rechnungs-Mails noch manuell geschrieben werden, anstatt dies durch automatisch generierte „no-reply“-Mails zu ersetzen. Dasselbe galt auch für die Bestätigungsmail nach der Bestellung. Dies wurde als sehr mühsam für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung bewertet. Außerdem war die Berechnung der Gebühren für den Mietspiegel sehr verwirrend dargestellt. Es war hierbei schwer zu verstehen, wann Bearbeitungsgebühren dazugezahlt werden mussten und wann nicht. Es fehlte auch eine Möglichkeit, Feedback zu hinterlassen.  

Durch die Nutzerinterviews konnten weitere Kritikpunkte gesammelt werden, die bei der Eigenrecherche und den Interviews mit den Prozessverantwortlichen zunächst unentdeckt blieben. Dazu zählte beispielsweise, dass keine englische Version zur Verfügung gestellt wurde. Außerdem bestand keine Möglichkeit die Schriftgröße zu ändern. Aus Neugier ließen wir die Nutzer auch einen Blick auf den eigentlichen Mietspiegel werfen und erhielten dadurch ebenfalls einige nützliche Meinungen, die wir dann an die Prozessverantwortlichen weitergeben konnten. Darüber hinaus befragten wir die Nutzer, ob diese bereit wären, Geld für ein solches Produkt auszugeben– die meisten Nutzer waren das nicht. Einer der oft genannten Wünsche der Nutzer war es, künftig kostenlos Auskunft über den Mietspiegel zu erhalten oder einen Generator auf der Seite nutzen zu können, der den individuellen Mietspiegel für die eigene Wohnsituation errechnet. Denn wenige Nutzer konnten mit den Tabellen und Angaben in dem Mietspiegel umgehen.

Grafik 2

Lösungsansatz

Die Informationen, die wir durch die Nutzer und Experteninterviews erhielten, waren für die Entwicklung des Prototypens von großer Bedeutung. Wir ließen den Nutzern im Interview Zeit, ihren persönlichen Idealprozess zu schildern. So sind wir darauf gekommen, dass ein Warenkorbprinzip für den Prozess der Mietpreisauskunft am besten passt. Es ist ein gängiger Bestellprozess, an den die meisten Inter­net­user gewöhnt sind. Die neu erworbenen Informationen wurden letztendlich in eine SOLL-Flowchart (Grafik 2) umgesetzt, welche das Ideal des Prozesses darstellt.

Einige Haupterkenntnisse unserer Forschung waren, dass sich Nutzer eine schnellere Suche, eine übersichtlichere und minimalistischere Darstellung, sowie eine Möglichkeit, die Website auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen wünschten. Für mehr Flexibilität sollten auch weitere Zahlmöglichkeiten angeboten werden. Damit der Bestellprozess klarer wird und besser nachzuvollziehen ist, wünschen sich Nutzer zudem eine Bestellübersicht, die ein letztes Mal das Produkt vor dem endgültigen Bestellen auflistet.

Das leiten von Experten- und Nutzerinterviews hat unsere Gruppe ebenfalls gelehrt, wie wichtig das gleichzeitige Zuhören und Beobachten ist. Das Konzept des “Laut Denkens” war eine enorme Bereicherung für unsere durchgeführten Interviews. Der Erfolg unseres Konzepts spiegelt sich darin wider, dass noch im selben Jahr all unsere Vorschläge, wie das Warenkorbprinzip, der individuellen Mietpreisauskunft und ein kostenloser Mietspiegel als PDF, implementiert wurden (siehe Mietspiegel der Stadt Freiburg).


Praktische Implikationen

Während der Erarbeitung eines Prototyps, für den Prozess der Mietpreisauskunft, war es für uns besonders hilfreich nochmal alle bisherigen Schritte einzeln durchzugehen. Während allen Zwischenschritten wurde viel auf Whiteboards gezeichnet und mit Post-its gearbeitet. Dies half besonders bei der Visualisierung und gab ein tieferes Verständnis des Prozesses. Die Post-its wurden oft neu sortiert und umstrukturiert. Dadurch konnten wir das gängige “Warenkorbprinzip” besser implementieren. Zum Schluss wurde die Abfolge durch Zeichnungen zum Leben erweckt und möglichst praxisnah dargestellt. Allgemein sind solche intuitiven Prozesse, wie das Warenkorbsystem interessant für die Verwaltung, da der Rahmen bereits vorgegeben ist und der Prozess nur in diesen Rahmen einbettet werden muss. Schlussendlich wird ein simplerer, verständlicherer Prozess eher bestehen bleiben und sich an neue Bedürfnisse anpassen können.

Über Veronika Akrackova:

Veronika Akrackova (geb. am 25.10.1997 in Kasachstan) ist eine Bachelor Studentin an der Fakultät Politik - und Verwaltungswissenschaften in Konstanz. 2016 begann sie ihr Studium an der Universität Konstanz. Zusammen mit ihren Kommilitonen erstellte sie den Prototypen “Mietpreisauskunft in 3 Minuten”. Dieses Projekt wurde im Rahmen eines Vertiefungsseminars durchgeführt und von Frau Prof. Dr. Ines Mergel unterstützt und geleitet. Derzeit befindet sie sich im sechsten Semester und absolviert ihr Pflichtpraktikum bei ADAMA Agriculture B.V. Amsterdam (NL) in Schaffhausen im Bereich des Human Resource Management. Ihre Abschlussarbeit wird sie im Bereich der Agilität und Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung schreiben.

Email

LinkedIn


Über Linda Metzger:

Linda Metzger (geb. 22.11. 1995 in Weingarten) studiert derzeit an der Universität Konstanz Soziologie und Verwaltungswissenschaften (Bachelor of Arts). Das Studium wird sie voraussichtlich im März 2019 abschließen. Ihre Bachelorthesis hat das Thema spezielle Geschwisterkonstellationen und Bildungserfolg. Ihre Interessen liegen in den Bereichen Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, Bildungsforschung, demographischen Herausforderungen für die Gesellschaft, Migration und Integration.

Email

LinkedIn