Digitalisierung des SEPA - Lastschriftverfahrens

Rebecca Frisch, Manuela Mayer, Inken Schlickeisen und Tatjana Schneider

Kurzzusammenfassung

Das Ziel unserer Arbeit war die Konzeption und Optimierung des Vorganges zur Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats in der Stadt Konstanz. Zu Beginn unseres Projektes stellte sich der bestehende analoge Prozess als unübersichtlich und nutzerunfreundlich heraus. Der Prozess war durch eine Vielzahl von Formularen, sowie einem hohen persönlichen Prozessaufwand seitens der Nutzer*innen und der Verwaltung, geprägt. Die Analyse der aktuellen Situation, die in unserer Arbeit eine hohe Priorität hatte, erfolgte durch Expert*inneninterviews und Nutzer*innenbefragungen. Dieses Vorgehen ist für ein Verständnis bisheriger Fehler essenziell, um diese zukünftig vermeiden und bessere Bürgerservices bereitstellen zu können. Im darauffolgenden Schritt konnte mithilfe der Daten, die durch eine qualitative Inhaltsanalyse gewonnen wurden, ein neuer digitaler Prototyp-Prozess erarbeitet werden. Die primäre Zielsetzung war hierbei, aus verschiedenen einzeln abzuwickelnden Prozessen, eine einheitliche Anwendung zu generieren. Eine zentrale Erkenntnis des Projektes war im Zuge des SEPA-Lastschriftprozesses, dass die Mehrzahl der befragten Nutzer*innen mit dem analogen Prozess weitgehend zufrieden war. Dennoch begrüßen die Nutzer*innen einen zukünftigen digitalen Serviceprozess sehr. Der digitale Prozess muss hierbei also als Ergänzung verstanden werden, der den analogen Prozess auf kurze Sicht nicht vollständig ablösen kann.

Methodik

Um zu verstehen, welche spezifischen Richtlinien und Wünsche bestehen, begannen wir direkt vor Ort mit der Recherche. In einem der Konzeption des Prototypen vorangestellten Experteninterview mit den Gesprächsbeteiligten der Stadt Konstanz, sowie mit Unterstützung des maßgeblich an der Gestaltung des Serviceportals „service-bw.de“ beteiligten Unternehmens Seitenbau, erfassten wir die wesentlichen Gegebenheiten und Ansprüche, die an unsere Arbeit gestellt wurden. Im Fokus stand, neben dieser Recherche vor Ort, auch die Auseinandersetzung mit nutzerzentrierten Anwendungen und Anweisungen. Durch das Seminar wurden wir außerdem in agilen Arbeitsmethoden geschult. Insbesondere die Erstellung eines „User-Journey“, in dem die von den Nutzern*innen erlebten Situationen beim Durchlaufen des Verwaltungsprozesses aufgezeigt wurden, schärfte das Verständnis für Probleme und Verbesserungsansätze zusätzlich. So stellten wir fest, dass die Nutzerfreundlichkeit des IST-Prozesses durch den enormen Zeitaufwand, der durch die Nutzer*innen betrieben werden muss, deutlich eingeschränkt wird. (Abb. 1 User Journey)

Abb. 1: User Journey

Abb. 6: Vertrauen in Onlineprozesse

Um den neuen Prozess ideal auf die Richtlinien der Stadt, sowie auf die Bedürfnisse der Nutzer*innen abstimmen zu können, entwickelten wir einen Fragebogen. Dabei wurde erfasst aus welchem Stadtteil die Bürger*innen stammen, für welche Zahlungen aktuell ein SEPA-Mandat erteilt war, welche Probleme mit dem bisherigen Erteilungsverfahren bestanden und wie vertrauenswürdig die Erteilung eines SEPA-Mandates über das Internet eingeschätzt wurde. Zusätzlich wurde gefragt, ob ein Onlineprozess gegenüber dem bestehenden Prozess präferiert werden würde. Die Befragungsdaten wurden zu drei Terminen an jeweils drei Orten innerhalb der Stadt gesammelt. Insgesamt nahmen 36 Bürger*innen der Stadt Konstanz an der Befragung teil.

Die Ergebnisse machten deutlich, dass 58% der Teilnehmer*innen klar einen onlinebasierten Prozess bevorzugten und die Nutzung des Prozesses als vertrauenswürdig ansahen. Die Befragung ergab folgende zielgerichtete Wünsche der Nutzer*innen: Einen einheitlichen Prozess und die Vermeidung langer Wege. Im Fall von Rückfragen wurde weiterhin ein persönlicher Ansprechpartner als wünschenswert erachtet. Auch eine Bestätigungs- sowie Erinnerungsmail bezüglich der Zahlungsanforderungen wurde klar gefordert. Wichtig hierbei war vor allem die Erkenntnis, dass der bereits existierende Prozess in Teilen gewollt und aus diesem Grund bestehen bleiben sollte. Auf Basis dieser klaren Befunde war es uns möglich, den neuen Prozess-Prototypen zu konstruieren.


Abb. 7: Flowchart Prototyp

Ergebnis der Arbeit – ein neuer Prozess

In dem neu entwickelten einheitlichen Prozess können Nutzer*innen im Service-portal des Landes Baden-Württemberg (service-bw.de) die Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandates als Option auswählen. In den folgenden Schritten kann durch gezieltes Auswählen bestimmt werden, für welche Zahlungsaufforderung das Mandat erteilt werden soll. Daraufhin werden die im Portal hinterlegten Stammdaten der Nutzer*in ergänzt, die hinterlegte IBAN einer Plausibilitätsprüfung unterzogen und das zahlungsspezifische Buchungszeichen hinzugefügt. Zum Abschluss bekommen die Nutzer*innen die Chance, einen abweichenden Zahlungsträger zu hinterlegen und die Erteilung des Mandates zu bestätigen. Simultan dazu erhalten die Nutzer*innen eine Bestätigungsmail mit allen wichtigen Informationen und werden vor Abbuchung des Betrages erneut darüber informiert. Äquivalent zu dem beschriebenen Onlineprozess können die Nutzer*innen auch die bisherigen Dokumente bei der Stadt anfordern, per Hand ausfüllen und postalisch zurücksenden. In diesem Fall obliegt es den Sacharbeiter*innen abschließend die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben prüfen.

Eine wichtige Erkenntnis im Zuge der Befragung war, dass inzwischen nahezu jeder zweite Befragte offen für eine Zahlungsabwicklung über das Internet ist.

Trotz positiver Rückmeldungen muss bedacht werden, dass unser Projekt Limitationen unterliegt. Im Rahmen unseres Projektes wurden nur 0,05 Prozent der gemeldeten Bewohner der Stadt Konstanz befragt. Jedoch wurde schon hierbei verdeutlicht, wie wichtig es ist bestehende Prozesse kontinuierlich zu hinterfragen und zu verbessern, um durch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes einen messbaren Mehrwert für die Nutzer*innen zu schaffen.

Theoretische & praktische Implikationen

Aus dieser Arbeit ergeben sich relevante praktische Implikationen, welche sich auf andere Prozesse und Städte übertragen lassen. Die Methode des nutzerzentrierten Designs eignet sich besonders, um eine Prozessveränderung gemäß den Wünschen der Bürger*innen zu modellieren. Tools wie eine User-Journey oder ein Flow-Diagramm helfen den Prozess von Seiten der Verwaltung und der Bürger*innen zu betrachten. Hierdurch lassen sich Ist-Zuständen in einer übersichtlichen Darstellungsform betrachten und etwaige Probleme beiderseits identifizieren. Das aktive Gespräch mit Bürger*innen ermöglicht einen Einblick in deren Lebenswelten und Wünsche und stellt somit den zentralen Punkt eines nutzerzentrierten Designs dar. Die praktische Umsetzung ist zunächst mit einem hohen Ressourceneinsatz verbunden, sowohl zeitlich, monetär, als auch in der Ausbildung des Personals. Langfristig profitiert die öffentliche Verwaltung jedoch, da eine Nutzerorientierung in der Gestaltung des Prozesses eine höhere Akzeptanz des fertigen Prozesses mit sich bringt. Wichtig ist hierbei auf Seiten der Bürger ein aktives Erwartungsmanagement hinsichtlich der Umsetzbarkeit der Wünsche zu betreiben, um ein Gleichgewicht zwischen Erwartungen und tatsächlicher Machbarkeit zu schaffen. Ebenso ist es von Bedeutung, alle involvierten Bereiche der Verwaltung während des Projektes miteinzubeziehen, um Fragen der Machbarkeit und die Akzeptanz des Ergebnisses der ausführenden Mitarbeiter zu gewährleisten. Auch nach der Implementation des Prototyps ist eine ständige Evaluation und ein iteratives Feedback durch die Bürger*innen wichtig, um fortwährend gute Bürgerservices zu gewährleisten.

Der fertige Prototyp stieß auf positive Resonanz und wurde von der Stadt Konstanz sehr gut angenommen. Eine Integration in das Portal „servive-bw.de“ und eine Übernahme in den Systemalltag der Stadt Konstanz sollen erfolgen.


Über Rebecca Frisch:

Gegenwärtig studiert Rebecca Frisch an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften mit dem Vertiefungsschwerpunkt „Verwaltung“. Den Bachelor of Arts wird sie voraussichtlich im Jahr 2020 abschließen. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Digitalisierung innerhalb der öffentlichen Verwaltung, dem Service-Design und dem agilen Projektmanagement

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Über Manuela Mayer:

Ab dem 01.04.2019 tritt Manuela Mayer eine Trainee-Stelle bei der Stadt Konstanz an. Ihren Abschluss (Bachelor of Arts, Politik- und Verwaltungswissenschaften) hat sie im Wintersemester 2018/2019 an der Universität Konstanz abgeschlossen. In ihrer Bachelorarbeit setzt sie sich mit dem Thema ‚Kollaborative Zusammenarbeit zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes auseinander‘. Ihr Forschungsinteresse liegt primär in den Bereichen der digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung und des Public Service-Designs.

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Über Inken Schlickeisen:

Aktuell studiert Inken Schlickeisen an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Ihren Bachelor of Arts wird sie Ende 2019 erlangen. Nach sechs monatiger Projektarbeit zu dem Thema ‚Digitalisierung in der Unternehmensführung‘, wird sie sich voraussichtlich auch in dem Rahmen Ihrer Abschlussarbeit mit verschiedenen Aspekten der Digitalisierung auseinandersetzen. Weitere Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der Netzwerkanalyse und agilen Projektstruktur.

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Über Tatjana Schneider:

Derzeit studiert Tatjana Schneider an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Ihren Bachelor of Arts wird Sie voraussichtlich im Sommer 2019 abschließen. Die Abschlussarbeit verfasst Sie zu dem Thema ‚Koproduktion in der öffentlichen Verwaltung‘. Ihre weiteren Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und Organisationsforschung.