Ergebnisse Offener Daten: Erwartungen an ein Open Data-Portal der Stadt Konstanz

Clara Goerlich

Kurzzusammenfassung

Trotz hoher gesellschaftlicher, sowie politischer Relevanz und bedeutender Geldsummen, die von der öffentlichen Hand in Open Data-Initiativen investiert werden, gibt es bisher nur wenige systematische Studien dazu, welche Wertschöpfungen durch die Bereitstellung von Open Data für Bürger und die öffentliche Verwaltung generiert werden können. Mit Open Data Outcomes gemeint sind (Aus)Wirkungen oder Ergebnisse, die durch die Öffnung des Zugangs zu den Daten angestoßen werden können. Mit der hier vorgestellten Arbeit wird erstmals eine deutsche Stadt dahingehend analysiert. Ziel ist es, Erwartungen an Open Data Outcomes für die Stadt Konstanz zu identifizieren und zu kategorisieren. Zudem werden Treiber und Barrieren im Einführungsprozess der Open Data-Plattform aufgezeigt, um anschließend zu untersuchen, was zur Implementierung eines wirksamen Open Data-Portals beitragen kann.

Einbettung in den Kontext

Im digitalen Zeitalter spielen Daten als Rohstoff eine essenzielle Rolle für unsere Gesellschaft und berühren viele Bestandteile des heutigen Lebens. Gemeinsames Nutzen dieser unerschöpflichen Ressource kann einen Mehrwert für Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und für Bürger*innen bedeuten.

Open Data bezeichnet das Konzept, Daten für die Öffentlichkeit zur Nutzung, Weiterverbreitung und -verarbeitung frei zur Verfügung zu stellen. Darunter fallen auch Daten, die von Verwaltungshandelnden erhoben und bisher oft in den Behörden ‚gehortet‘ werden. Gemeint sind vor allem Daten, die von allgemeinem Interesse sind und öffentliche oder gesellschaftliche Aspekte erfassen. Darunter fallen beispielsweise Geo-, Verkehrs-, Wetter-, Haushalts-Daten sowie offizielle Statistiken. Prinzipiell von einer Veröffentlichung ausgeschlossen sind personenbezogene Daten, also auch Daten, die aus Sicherheitsgründen dem Datenschutz unterliegen.

Es wird angenommen, dass die Öffnung des Zugangs zu den Daten zu einem enormen wirtschaftlichen Mehrwert führen und demokratische Elemente wie Transparenz und Bürgerbeteiligung vorantreiben kann (vgl. Attard, Orlandi, Scerri, & Auer, 2015).

Oftmals wird Transparenz des öffentlichen Sektors als Haupterrungenschaft von Open Data-Initiativen gesehen. In dieser Arbeit wird jedoch davon ausgegangen, dass (1) Open Data einen Mehrwert hat, der über eine erhöhte Transparenz hinaus geht, und, dass (2) Open Data verschiedene Innovationen außerhalb sowie innerhalb des Verwaltungsapparats vorantreiben kann.

Theoretischer Rahmen

Der Artikel „Open data outcomes: U.S. cities between product and process innovation” von Mergel, Kleibrink und Sörvik (2018) bildet den theoretischen Rahmen für die vorgestellte Forschung. Darin werden US-amerikanische Städte hinsichtlich Open Data Outcomes untersucht, und ein Schema zur Konzeptualisierung der Outcomes mit verschiedenen Dimensionen entwickelt. Eine wichtige Dimension ist die Unterscheidung der Outcomes innerhalb und außerhalb der öffentlichen Verwaltung. Dazu kommt die Unterscheidung zwischen Prozess- und Produktinnovationen. Diese entwickelten Kategorien werden im Folgenden auf den Fall Konstanz angewendet.

Methodik

Der Forschungsprozess gliederte sich in zwei Schritte: Zunächst erfolgte eine Analyse des formellen Projektauftrags für das Open Data-Portal in Konstanz, eingebettet in die Landes- sowie Bundesgesetzgebung. Danach wurden mithilfe von teilstandardisierten Leitfadeninterviews eigene Daten erhoben.

Die Stadt Konstanz ist eine der ersten Mittelstädte in Deutschland, die eine Open Data-Plattform einrichtet und stellt die zu untersuchende Einzelfallstudie dar.

Es wurden dreizehn Konstanzer Stakeholder befragt, die in Bezug auf Open Data relevant sind. Dabei wurden gezielt neben Mitarbeitenden verschiedener Abteilungen der Stadtverwaltung auch externe Akteure gewählt. Die erhobenen Daten wurden anhand der Qualitativen Datenanalyse nach Saldaña (2016) ausgewertet.

Ergebnisse der Arbeit

1. Erwartungen an Open Data Outcomes

 

Das Schema zur Operationalisierung vielfältiger Open Data Outcomes nach Mergel u. a. (2018) kann auf die erwarteten Outcomes des Open Data-Portals der Stadt Konstanz angewandt und für Konstanz durch einzelne Aspekte ergänzt werden (vgl. blau markierte Felder im Schaubild unten). Die von den Interviewten genannten Aspekte werden entlang der Kategorien: Prozess- und Produktinnovationen & außerhalb sowie innerhalb der Verwaltung vorgestellt.


Prozessinnovationen

Prozessinnovationen sind neue oder signifikant verbesserte Arten der Dienstleistungserbringung (z.B.: Veränderungen interner Prozesse). Insgesamt werden von den Interviewten mehr Erwartungen an prozess- als produkt-zentrierte Outcomes benannt, wobei Prozessinnovationen innerhalb der Verwaltung häufiger erwähnt werden.

Innerhalb der Verwaltung

Überwiegend sehen die Befragten Open Data Outcome-Potentiale in verwaltungsinternen Prozessveränderungen. Durch bessere abteilungsübergreifende Zusammenarbeit können eingefahrene Prozesse neu überdacht und Effizienz wie auch Effektivität optimiert werden. Außerdem kann eine Innovationskultur entstehen, die unterschiedliche Aspekte beinhaltet, wie eine neue Offenheit der Organisation, die zu mehr Zusammenarbeit mit externen Akteuren in neuen Formaten (z.B.: Hackathons oder Bürgerdialoge) führt, eine tolerantere Fehlerkultur oder ein neugewonnenes „kommunales Selbstverständnis“. Die Interviewten erwarten auch ein wachsendes Bewusstsein für Qualität und Öffentlichkeit der Daten und eine verbesserte interne Datenwiederverwendung.

Außerhalb der Verwaltung

Gewinnung neuer Kunden und damit die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Konstanz, leichterer Zugang zu staatlichen Mitteln, Start-ups und Vernetzung der Firmen untereinander zählen zu den verwaltungsextern erwarteten Prozess-Outcomes.

Produktinnovationen

Produktinnovationen sind neue oder signifikant verbesserte Produkte oder Dienstleistungen (z.B.: Apps, die unterschiedliche Datensets verknüpfen). Produktzentrierte Outcomes werden häufiger verwaltungsextern als -intern verortet.

Innerhalb der Verwaltung

Interviewte erwarten, dass verwaltungstypisches Silodenken aufgebrochen werden kann und Open Data als Anwendung zur Leistungsanalyse dienen kann.

Außerhalb der Verwaltung

Dominant ist der Aspekt der Transparenz, außerdem werden mögliche neue Apps bzw. Anwendungen, neue Dienstleistungen und eine Image-Änderung der Verwaltung als Produkt-Outcomes benannt. Verwaltungshandeln kann für Bürger*innen durch Open Data besser nachvollziehbar werden und könnte dadurch zu mehr Verständnis, Akzeptanz und einem verbesserten Image der Verwaltung führen.

 

2. Treiber und Barrieren im Einführungsprozess der Open Data-Plattform

Treiber

Die von den Interviewpartnern genannten Treiber sind vor allem die folgenden Personen(gruppen) und Institutionen: Stadtverwaltung, Wirtschaft, Politik, Bürger*innen und Hochschulen.

Schwierigkeiten

Bei der Implementierung des Open Data-Portals werden vorwiegend institutionelle Barrieren gesehen, außerdem werden Schwierigkeiten bezüglich Komplexität, Gesetzgebung, Nutzung und Teilhabe und Qualität der Informationen genannt. Technische Schwierigkeiten werden von einigen Befragten explizit ausgeschlossen, Andere sehen hier durchaus Probleme.

Theoretische & praktische Implikationen

Zusammenfassend verdeutlicht die Untersuchung für Konstanz, dass Outcome-Potentiale vor allem in verwaltungsinternen Prozessveränderungen gesehen werden. Die Erwartungen, besonders bezüglich externer Outcomes, bleiben zum großen Teil unkonkret. Es wird deutlich, dass einzelne Akteure der Verwaltung eine aktive Rolle bei dem Prozess der Einführung des Portals spielen. Gleichzeitig werden Zweifel vorgebracht, ob Kulturwandel und Öffnung der Verwaltung letztendlich in großem Maß stattfinden werden. Die Chance durch Open Data Innovationen und „öffentlichen Nutzen“ zu erzielen gelingt eher durch langfristigen Kulturwandel der Verwaltung mit andauernden Prozessveränderungen als durch die Schaffung eines Portals aufgrund politischen Handlungsdrucks (vgl. Mergel, Kleibrink, & Sörvik, 2018).

Insgesamt zeigen die Interviewten großes Interesse und Bemühungen Open Data Konzepte wirksam umzusetzen. Viele in der Literatur genannten Voraussetzungen für eine gelingende Implementierung werden von der Stadt berücksichtigt. Eine definierte Open Data-Strategie gibt es für Konstanz allerdings nicht. Klare Anleitung und Zielsetzungen sind aber maßgeblich dafür, dass konkretere Vorstellungen zu Outcomes entstehen und der Fokus sich später auf jene Prozesse und Produkte richtet, die tatsächlich gesellschaftlichen Nutzen bringen (vgl. Mergel et al., 2018; Zuiderwijk & Janssen, 2014).

Am Ende lassen sich drei praktische Implikationen für eine wirksame Implementierung einer Open Data-Plattform aus den Interviews ableiten:

  1. Orientieren an existierenden Strategien und technischen Lösungen für Open Data-Portale: Dadurch muss die Stadt Konstanz keine eigene, teure Software-Lösung schaffen, ist unabhängig von Firmen und kann auf Erfahrungen und ein erprobtes System zurückgreifen.
  2. Datenauswahl und -qualität beachten: Massen an Informationen und schlechte Datenqualität können Adressat*innen von der Nutzung abschrecken. Notwendig sind gute technische Lösung mit guter Suchfunktion, aber langfristig auch Strukturen, die im Umgang mit Open Data unterstützen und Datenqualität sowohl verwaltungsextern als auch -intern sichern.
  3. Verwaltungsinterne und externe Akteure*innen einbeziehen: Ein Portal ist nur sinnvoll, wenn es kontinuierlich gepflegt und routinemäßig mit neuen Informationen bespielt wird. Daher sollte die Thematik den Verwaltungsmitarbeitenden nähergebracht und sie sollten geschult werden, um die Sorge vor Überforderung zu nehmen und die Akzeptanz zu fördern. Es ist wichtig, Nutzer*innenperspektiven bereits während des Implementierungsprozesses mit einzubeziehen und später Anreize zur Datennutzung zu schaffen. Besonderer Fokus der von Konstanz gewählten Plattform liegt auf der Interaktion mit Nutzer*innen.

Zentrale Punkte

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Open Data viel Potenzial beinhaltet, das zu vielfältigen Outcomes innerhalb sowie außerhalb der Verwaltung führen kann. Jedoch bringt es nicht automatisch gesellschaftlichen Nutzen. Es ist ein Instrument, das bewusst und zielgerichtet angewendet werden muss.

Die Ergebnisse und beschriebenen praktischen Implikationen können auch für andere Städte hinsichtlich der wirksamen Implementierung einer Open Data-Plattform relevant sein. Da es sich bei den Ergebnissen um reine Erwartungen an Open Data Outcomes in der Stadt Konstanz handelt, wäre zukünftige Forschung darüber, ob die Erwartungen erfüllt werden, von großem Interesse.

Über Clara Goerlich:

Clara Goerlich hat im März 2019 an der Universität Konstanz den Bachelor of Arts in Politik- und Verwaltungswissenschaften abgeschlossen. In ihrer Abschlussarbeit befasste sie sich mit der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung und forschte konkret zu dem Thema Open Data.

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