Parteien und Wahlen in Österreich-Ungarn, 1897-1911
Gemeinsam mit Phil Howe (Adrian College) und Edina Szöcsik (Universität Basel) untersucht Christina in diesem Projekt vier Wahlen im westlichen ("österreichischen") Teil der multinationalen österreichisch-ungarischen Monarchie zwischen 1897 und 1911. Das Projekt verfolgt zwei Ziele: (1) die Analyse der Entstehung, Positionierung und des Erfolgs politischer Parteien in einem sich demokratisierenden multinationalen Staat und (2) die Bestimmung der Umstände, unter denen nationalistische Ansprache der Wähler dominiert, angesichts zahlreicher alternativer sozialen Identitätskategorien, an die sich Parteien wenden konnten.
Im Rahmen des Projekts wurde der Datensatz „Habsburg Manifesto Data“ erhoben, der aus Wahl- und Parteiprogrammen tschechischer und deutscher historischer politischer Parteien besteht. Die Programme wurden nach den Standards moderner Parteienforschung ausgewertet, der Datensatz ist zum Download erhältlich.
Der erste Artikel des Projekts über die Wahlen von 1907 wurde in Comparative Political Studies veröffentlicht. Er untersucht wie es Nationalisten bei diesen ersten Wahlen mit vollem Wahlrecht für Männer gelang Stimmen zu gewinnen. Wir stellen fest, dass nationalistische Ansprache an die Identität der Nation und Versprechen zur Verbesserung des politischen und kulturellen Status der Nation sehr gut bei Landarbeitern ankommen, deren Wirtschaftssektor im Niedergang begriffen war, nicht aber bei Industriearbeitern, deren Sektor gerade einen Aufschwung erfuhr. Im Gegensatz dazu müssen nationalistische Parteien sozialpolitische Angebote machen um bei Industriearbeitern Erfolg zu haben. Der Artikel zeigt, dass nationalistische Mobilisierung nicht nur eine Ablenkung von Klassenpolitik ist, sondern dass Nationalismus und Konflikte über sozioökonomischen Status eng miteinander verflochten sind.
Ein zweiter Artikel (veröffentlicht in Party Politics) des Projekts behandelt die Entstehung politischer Konfliktlinien im österreichischen Kaiserreich zwischen 1897 und 1911. Dieser Fall wurde von Lipset und Rokkan in ihrer Arbeit zur Entwicklung politischer Konfliktlinien in Europa vernachlässig (sie erwähnen Österreich-Ungarn in ihrem klassischen Werk, bieten aber keine Analyse an). Der Artikel zeigt, dass sich Parteien im historischen Parteienwettbebwerb zwischen 1807 und 1911 in der Tat auf einer Zentrum-Peripherie, einer Klassenkonflikt und einer Staat-Kirche Dimension verorten lassen.